Schullandheimpädagogik – Impulse aus der Reformpädagogik

Beeinflusst von der Jugendbewegung und der Reformpädagogik Anfang des 20. Jahrhunderts waren die ersten Schullandheime von Anfang an Lernorte, die nicht neben, sondern in Symbiose mit den Schulen Bildungsstätten sein wollten. Seit 1929 sind in Bayern Schullandheime fester Bestandteil des staatlichen Bildungssystems in den Schulen und die Aufenthalte dort mit den Inhalten der schulischen Lehrpläne abgestimmt. Auch unterfränkische Lehrer fuhren nach Nürnberger und Münchner Vorbildern mit ihren Volksschulklassen in das erste bayerische Schullandheim auf die Wülzburg bei Weißenburg; aber auch in den Spessart. Wandern, Sport, Pflege des Gemeinschaftslebens und Unterricht draußen in der Natur waren das Ziel.

Die pädagogischen Prinzipien der Schullandheimarbeit orientierten sich nach dem zweiten Weltkrieg weiterhin an den reformpädagogischen Idealen der Weimarer Zeit. 1959 wurde der „Landesverbands der Bayerischen Schullandheime e. V.“ gegründet unter wesentlicher Beteiligung bayerischer Volksschullehrer.

Gegen Ende der 1960er Jahre rückten im Zuge der allgemeinen Bildungsdiskussion in der Bundesrepublik auch in Bayern neue Formen der Schullandheimarbeit in den Blickpunkt. Staatlich unterstützte pädagogische Modellversuche wurden in bayerischen Schullandheimen erprobt. Die Ausweitung, Modernisierung und Konsolidierung der pädagogischen Angebote in den Schullandheimen ist seitdem ein kontinuierliches Bestreben. Projekte zur Berufsorientierung, zu ökologischen Themen oder im Bereich der Medienerziehung sind unter anderem fester Bestandteil der Angebotspalette. Auch diverse musische und sportliche Aktivitäten können heute von den Schulklassen für ihren Schullandheimaufenthalt gebucht werden.
Die von Anfang an in privater Trägerschaft und ehrenamtlich geführten Schullandheime sind heute im Dachverband des „Bayerischen Schullandheimwerks“ (BSHW) organisiert.

1983 kam es schließlich mit dem Hintergrund einer Verbesserung der Schullandheimpädagogik zur Gründung der „Bayerischen Akademie für Schullandheimpädagogik“ (BASP) in Röthenbach a. d. Pegnitz (Lkr. Nürnberger Land).

 

Entwicklung des SWU

1972 wurde in Schweinfurt mit Hilfe des Landesverbandes der Bayerischen Schullandheime das Schullandheimwerk Unterfranken (SWU) in Schweinfurt gegründet.
1973 gab das SWU bereits eine Handreichung „Schullandheimarbeit heute“ heraus mit dem Ziel, Informationen über „Sinn und Zweck, Vorbereitung und Durchführung von Schullandheimaufenthalten“ zu vermitteln

In den 1980er Jahren kamen stärkere Impulse aus der Umweltbildung in die Schullandheime. Lehrkräfte, die auf regionaler Ebene und Landkreisebene in der AG Umwelt mitwirkten, wollten Schullandheimaufenthalte pädagogisch professionalisieren. Dazu zählte eine thematische Schwerpunktsetzung für jedes Schullandheim in Unterfranken.
Auf dem Bauersberg z.B. bot sich der Schwerpunkt Geographie / Geologie an (Basalt der Rhön). In Hobbach legte der „Förderverein Ökologie im Schullandheim“ die Grundlage eines Umweltzentrums. Moderne handlungsorientierte Unterrichtsformen wie Experimente und Projektarbeit sollten durch Ideen, Material, und Unterrichts- und Praxisräume ermöglicht werden.

Aus der Erkenntnis, dass sich Schullandheimpädagogik, auf eine wissenschaftliche Basis gestellt, nicht nur an Volksschülerinnen und -schüler, sondern darüber hinaus sich auch an die Schülerschaft der weiterführenden Schulen wenden muss, wurde 1995 das Studienhaus Geographie in der ehemaligen Heimleiterwohnung eingerichtet. Möglich wurde das durch die enge Kooperation des Schullandheimwerkes Unterfranken mit dem Lehrstuhl für die Didaktik der Geographie an der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg.

Die Schwerpunktsetzung der unterfränkischen Schullandheime wurde immer mehr konkretisiert (–> Schullandheime  und –> Angebote).
Durch Fortbildungen konnten Lehrkräfte, die einen Schullandheimaufenthalt planten, gezielt in dem jeweiligen Haus Angebot und Möglichkeiten kennenlernen und erproben.

Im Jahr 2001 wurde unter der Schirmherrschaft des Regierungspräsidenten Dr. Paul Beinhofer die Wasserschule Unterfranken in Hobbach und 2008 am Bauersberg eröffnet. Sie ist aus einer Kooperation der Aktion Grundwasserschutz der Regierung von Unterfranken mit dem SWU entstanden. Kinder und Jugendliche werden in Projekten, Experimenten und Forschungsaufträgen für die Bedeutung des Lebensraumes und der Ressource „Wasser“ sensibilisiert.

Der Staat unterstützt die Schullandheime und ihre Trägervereine ideell und zum Teil auch materiell nachhaltig. Die Schullandheim-pädagogik ist fest in den allgemeinen schulischen Bildungs- und Erziehungsrahmen eingefügt. Schulsammlungen tragen mit zur finanziellen Absicherung der Heime bei. In allen Regierungsbezirken Bayerns stehen Schullandheime als „außerschulische Lernorte“ zu günstigen Bedingungen zur Verfügung. Zurzeit tragen über 30 von ihnen das Qualitätssiegel des bayerischen Schullandheimverbandes.

Trotz des Konkurrenzdrucks zum Beispiel gegenüber Jugendherbergen, gestiegener Kosten und veränderter Reisegewohnheiten auch bei Schulklassen sowie auch zunehmend problematischer Klassenstrukturen hat die Schullandheimarbeit in Bayern heute nach wie vor ihren festen Platz in der schulischen Bildungslandschaft – im Gegenteil: durch die zunehmenden Aufgaben der Schulen im Bereich Sozialerziehung und Integration sind Schullandheimaufenthalte wichtiger denn je.